Schnittstellenmanagement

Für einen reibungslosen Ablauf der Prozesse

 

Unzählige Faktoren entscheiden, ob Projekte gelingen oder nicht. Dies gilt auch für den Anlagenbau. Eine
typische Quelle für diverse Probleme sind hier Schnittstellen jeglicher Art. Walter Gerber, Business Manager von
der Cape 7 Engineering Services AG, erklärt, wie das Schnittstellenmanagement als Teil des Projektmanagements
für möglichst reibungslose Prozesse sorgt.

Projekte als komplexe Vorhaben, die auf der Zusammenarbeit von verschiedenen Personen, Instanzen, öffentlichen Stellen und Lieferanten beruhen, bedürfen einer gezielten Kommunikation und Koordination. Wo verschiedene Akteure zum Gelingen eines vielschichtigen Vorhabens beitragen, trifft man auf Hürden, die, wenn nicht im Ansatz vermieden, rasch Verzögerungen und zusätzliche Kosten nach sich ziehen. So könnten z. B. Zuständigkeiten ungenügend geklärt und festgelegt worden sein. Oder eine einzelne Instanz arbeitet an Lösungen, ohne sich mit anderen Schnittstellen abzusprechen und zu koordinieren. Mangelnde Projektfortschritte und Unstimmigkeiten sind die Folge. Auch die Informationen bezüglich Projektänderungen können aus verschiedenen Gründen widersprüchlich werden. Ziehen sich Schwachstellen dieser Art durch ein Projekt, können Verärgerung und Frustration im Arbeitsablauf bei den Einzelnen so hoch werden, dass nur noch ein «Dienst nach Vorschrift» geleistet wird.

Schnittstellen entstehen zwischen verschiedenen Instanzen, Gewerken, Disziplinen und Positionen. Aufgabe des Schnittstellenmanagements ist es, Schnittstellen
unter Effektivitäts- und Effizienzaspekten zu analysieren, zu planen, zu gestalten und zu kontrollieren. Sofern eine Integration möglich ist, sollen sachlich unnötige
Schnittstellen zusammengefügt werden. Ist diese aus irgendeinem Grund nicht möglich, sorgt das Schnittstellenmanagement dafür, dass die Aktivitäten bestmöglich
koordiniert werden. Das Schnittstellenmanagement als Teil des Projektmanagements versucht damit, die Probleme, die durch Schnittstellen entstehen, zu vermeiden und einen möglichst reibungslosen Ablauf der Prozesse zu gewährleisten. Dieser Artikel beleuchtet das Schnittstellenmanagement im Anlagenbau. Es werden folgende Aspekte unterschieden:

      1. Soziale Faktoren
      2. Voraussetzungen und Planung
      3. Kommunikation und Koordination
      4. Dokumenten- und Aufgabenverwaltungssysteme
      5. 3D CAD und Detailengineering

 

1. Soziale Faktoren

Menschen wollen wahr- und ernstgenommen werden. Sie wollen Teil eines Ganzen sein und etwas Sinnvolles tun. Hinter einer ermutigenden Kommunikation stehen damit lebensbejahende Werte und ein Interesse am Gegenüber. Daneben sind ein integratives Agieren und eine weiterführende Information/ein Dialog
auch über die Ziele und Zusammenhänge wichtig. So wird eine fachliche und soziale, positive Zuordnung des eigenen Seins und Schaffens in den Gesamtkontext
möglich.

2. Voraussetzungen und Planung

Eine überzeugende, systematische Planung ist die Voraussetzung für die erfolgreiche Realisierung eines Projekts. Dies gilt insbesondere auch für das Schnittstellenmanagement. Nur anhand konkreter Planungswerte und methodischer Arbeiten kann der erzielte Projektfortschritt und die aktuelle Risikosituation einwandfrei ermittelt werden. Dazu gehören sinnvolle Prozesse, transparente Dokumente und nach Möglichkeit ein Dokumenten- und Aufgabenverwaltungssystem, das potenzielle Fehler wie Arbeit an veralteten Versionen vermeidet. Die ersten Projektschritte sind mitentscheidend – die «User Requirements», ein intelligentes Konzept und eine Zusammenstellung der Projektleistungen in einem Projektstrukturplan. Es folgen die Schlüsseldokumente bezüglich der Organisation, des Ablaufs, der Kosten- und Terminpläne etc. In der regulierten Industrie kommen zusätzliche Anforderungen hinzu, die die Compliance inklusive der Rückverfolgbarkeit sicherstellen.

3. Kommunikation und Koordination

Inhalt des Schnittstellenmanagements ist die Suche nach Abstimmungsmöglichkeiten. Im Zentrum steht dabei die Erzeugung einer zielgerichteten und zweckmässigen Kommunikation. Das Stakeholdermanagement nimmt dabei das Anliegen auf, die Kommunikation auf die verschiedenen Stakeholdergruppen abzustimmen. Je grösser die Anzahl Schnittstellen, beziehungsweise die Anzahl Stakeholdergruppen, desto anspruchsvoller ist die Aufgabe. Periodische Ereignisse wie Meetings, Reports, «Daily Standup Meetings» (Dauer 15 Minuten) oder eingeforderte Arbeitspaket Prognosen etc. werden dokumentiert und längerfristig geplant. Für die Durchführung von Meetings ist deren Effektivität sicherzustellen (u.a. Versand der Traktanden, Moderation, Protokoll). Daneben werden notwendige, ausserordentliche Massnahmen flexibel angesetzt und durchgeführt. Schnittstellen-, Zuständigkeits- und eine Genehmigungsmatrix helfen, um eine Transparenz zu erzielen.

4. Dokumenten -und Aufgabenverwaltungssysteme

Im Zeitalter des BIM stehen Tools zur Verfügung, die Zugriffe auf Projektdokumentationen und Daten in verschiedensten Formaten in Clouds und damit ausserhalb von Firmenservern ermöglichen. Die Versionierung und die Ablage von Dokumenten werden automatisiert. Aufgabenzuordnungenund -verfolgungen vereinfacht. Parallel können Ablauf- und Freigabe-Prozesse definiert werden. Datenverluste werden praktisch ausgeschlossen (Ausnahme Cyber-Risiken und Stromunterbrüche).

5. 3D CAD und Detailengineering

Ein Detailengineering bringt ein Projekt sozusagen auf den Boden zurück. Es kommen verschiedene Schnittstellen zusammen. Die Gewerke mit physischen
Auswirkungen (Bau, Infrastruktur, Logistik, Anlagen, Medien etc.) werden in ein Gesamtmodell integriert. Detailoptimierungen finden auf der «Montageebene» statt. Es ist der Ort, wo die Gebäudestatik auf die auftretenden Lasten hin überprüft und die Festigkeit von Leitungen mit ihren Aufhängungen ermittelt werden. Kollisionsüberprüfungen verhindern Überschneidungen. Die Sicherstellung von Bedienungs- und Instandhaltungsräumen gewährleisten, dass kurze Wege und die
Zugänglichkeit für Wartungseinsätze gewahrt werden. Kurz – es handelt sich um die Vorwegnahme einer Installation und eines zukünftigen Betriebs.

Was heisst das nun zusammengefasst?

Das Schnittstellenmanagement als Teil des Projektmanagements lebt von denselben Prinzipien und nutzt dessen Erzeugnisse: Aufgliederung, Struktur, Methodik inklusive der Zuordnung von Verantwortlichkeiten – und, oder «teilautonome Gruppen mit einer hohen Selbstbestimmung», wie der agile Ansatz zeigt. Die sozialen Faktoren der Zusammenarbeit haben einen direkten Einfluss auf die Effizienz und die Qualität der Resultate. Auf zweckmässige Prozesse und funktionierende Dokumentationssysteme kann nicht verzichtet werden. Grössere Projekte werden sinnvollerweise mit einer BIM-Lösung realisiert. Die Kunst, komplexe Projekte verlustarm und für alle Stakeholder fachlich und emotional überzeugend zu entwerfen, zu planen und zu realisieren, hängt sowohl mit den richtigen Tools, einer systematischen Projektentwicklung als auch mit Fragen der Zusammenarbeitskultur zusammen. Das Schnittstellenmanagement als abgestimmte Kommunikation und Koordination hat dabei wohl den grössten Einfluss auf das Gelingen.